kontakt@camo.nrw +49 202 / 439 1164

Leitlinien und Empfehlungen für die künftige Politik des kooperativen und automatisierten Personenverkehrs

Im Rahmen des Projekts LEVITATE werden Instrumente entwickelt, die europäischen Städten, Regionen und nationalen Regierungen dabei helfen sollen, sich auf eine Zukunft vorzubereiten, in der der Anteil automatisierter Fahrzeuge in den Bereichen Individualverkehr, öffentlicher Personennahverkehr und städtische Logistik steigt. Der vollständige Projektname lautet „Societal Level Impacts of Connected and Automated Vehicles“, was in etwa mit „Auswirkungen von vernetzten und automatisierten Fahrzeugen auf die Gesellschaft“ übersetzt werden kann. Das mit 6,4 Millionen Euro von der EU finanzierte Projekt bringt 12 Partner aus 10 Ländern zusammen, darunter renommierte Forschungsinstitute und lokale Behörden.

Zahlreiche Studien zeigen die positiven Auswirkungen, die die Einführung von vernetzten und automatisierten Fahrzeugen (engl. connected and automated vehicles, CAV) auf die Umwelt, die Mobilität, die Verkehrssicherheit, die Gesellschaft und die Wirtschaft haben kann. Wenn jedoch keine politischen Maßnahmen ergriffen werden, könnte es auch zu einigen potenziell negativen Auswirkungen kommen, z.B. wenn die Nutzung privater automatisierter Fahrzeuge zu einem Rückgang der Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad und/oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln führt.

In einem kürzlich veröffentlichten Dokument wurden im Rahmen des Projekts LEVITATE daher Leitlinien und Empfehlungen für die künftige Politik in Bezug auf kooperative und automatisierte Fahrzeuge abgeleitet.

Dabei wurden unter anderem die folgenden Maßnahmen herausgestellt:

  • Straßenbenutzungsgebühren (Maut):
    Es wird erwartet, dass die Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren zu einer Reihe von zusätzlichen Vorteilen führen kann, wie z. B. einer verbesserten Energieeffizienz, weniger Rückgang bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, einer höheren Fahrzeugauslastung und einem geringeren Bedarf an Parkplätzen.
  • Gesonderte Fahrspuren für vernetzte und automatisierte Fahrzeuge:
    Gesonderte Fahrspuren können zu einem besseren Zugang zum Verkehr, einer geringfügigen Verringerung von Staus im Mischverkehr (bestehend aus von Menschen gesteuerten Fahrzeugen und CAV), einer höheren Fahrzeugauslastung und niedrigeren Fahrzeugbetriebskosten führen.
  • Regulierung der Parkgebühren:
    Die Regulierung von Parkgebühren kann einen Teil der negativen Auswirkungen von CAV auf den Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel ausgleichen und zu einer verstärkten Nutzung von Fußwegen, Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln führen. Diese Maßnahmen können jedoch nicht die negativen Auswirkungen überkompensieren, die CAV auf den Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel haben dürften. Eine geringere Nutzung von Privatfahrzeugen führt auch zu einer geringeren Nachfrage nach Parkplätzen.
  • Ersetzen von Parkplätzen auf der Straße:
    Es werden positive Auswirkungen auf die Mobilität in Form von verringerten Reisezeiten und Staus aufgrund der Reduzierung von Parkmanövern erwartet. Der Ersatz durch öffentlichen Raum kann beispielsweise besonders positive Auswirkungen auf die Energieeffizienz, den Anteil der geteilten Mobilität, den Modal Split des öffentlichen Verkehrs, die Fahrzeugnutzung, die Fahrzeugbetriebskosten, die Verkehrssicherheit und die öffentliche Gesundheit haben, jedoch auch negative Auswirkungen in Bezug auf den Zugang zur Mobilität.
  • Automatisiertes „Ride-Sharing“:
    Es wird erwartet, dass es zusätzliche Vorteile bei der Energieeffizienz, dem Zugang zum Verkehr, der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, dem Anteil der geteilten Mobilität (bei geringerer CAV-Durchdringung), der Fahrzeugnutzung und den Fahrzeugbetriebskosten bringt. Es hat jedoch negative Auswirkungen auf die Verkehrsüberlastung (aufgrund der Leerfahrten, die erforderlich sind, um die Fahrzeuge neu zu positionieren), die Reisezeit, die Nutzung aktiver Verkehrsträger und die Fahrzeugauslastung. Darüber hinaus hängen die Auswirkungen des automatisierten Ridesharing davon ab, welcher Anteil der Nutzer bereit ist, Fahrten mit anderen Nutzern zu teilen. Ist die Bereitschaft zum Teilen von Fahrten gering, werden weniger positive Ergebnisse für die Mobilität und die Straßenverkehrssicherheit vorhergesagt, da eine größere Anzahl von Fahrten und Fahrzeugen erforderlich ist, um die Nachfrage zu bedienen (Fahrzeit und Staus nehmen zu, die zurückgelegten Kilometer und die Straßenverkehrssicherheit nehmen ab).

Ziel des Projekts ist es, einen neuen Bewertungsrahmen zu schaffen, der es den politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, den Einsatz vernetzter und automatisierter Verkehrssysteme zu steuern, den Nutzen zu maximieren und die Technologien zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele einzusetzen.

Das vollständige Dokument „Guidelines and recommendations for future policy of cooperative and automated passenger transport“ mit weiteren Ergebnissen können Sie hier herunterladen.

Quellen:

Verwandte Artikel

Hochautomatisiertes Fahren auf der Autobahn – vorerst nur mit Einschränkungen

Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am 09. Dezember 2021 erstmals eine Typengenehmigung für ein System des hochautomatisierten Fahrens (SAE Stufe 3) erteilt hat, werden ab Mitte des Jahres die ersten Fahrzeuge auf deutschen Straßen erwartet. Durch […]

Mehr erfahren

Wie digital sind Deutschlands Städte?

Im Gesamtranking verteidigt Hamburg seinen Titel knapp: Besondere Stärken weist die Hansestadt in den Bereichen Mobilität und Gesellschaft mit ihren Mobilitätsprojekten im Bereich autonomen Fahrens und Multimodal-Apps sowie mit ihren Bürgerbeteiligungsformaten, Open-Data- und Geodatenportalen auf. […]

Mehr erfahren

Aktualisierung und Verfeinerung der SAE-Automatisierungsstufen

Anfang des Monats hat die SAE ihre Klassifizierung der Automatisierungsstufen aktualisiert. Während sich an den Stufen an sich nichts geändert hat, wurden hauptsächlich die Definitionen der Stufen 3 und 4 angepasst, um die Unterscheidung deutlicher […]

Mehr erfahren