Eins ist klar: Hochautomatisiertes Fahren kommt – die Grundlage dazu schafften kürzlich Bundestag und Bundesrat mit einem Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrs- und des Pflichtversicherungsgesetzes. Dadurch können wir schon bald mit der Einführung von (ersten) Fahrzeugen mit einem Automatisierungsgrad nach „SAE Level 4“ rechnen, bei dem die Fahraufgabe primär durch ein automatisiertes Fahrsystem erfolgt. Das System überwacht dabei selbstständig den Fahrbereich, was ein Eingreifen durch den Fahrer grundsätzlich nicht mehr erfordert.
CAMO.NRW veranstaltete am 08. Juli 2021 anlässlich des neuen Gesetzes zum autonomen Fahren einen Fachworkshop, bei welchem der Rechtsanwalt Daniel Wuhrmann, Partner der Fachkanzlei reuschlaw Legal Consultants, mit juristischer Expertise erste Einblicke gab. Mit der Gesetzesnovelle wurde das Ziel verfolgt Deutschland als Vorreiter bei der Einführung eines Rechtsrahmens für die neue Mobilitätsform zu positionieren. Konsens der Veranstaltung war, dass mit dem neuen Gesetz eine gute Basis gelegt wurde, die jedoch an einigen Stellen einer weiteren Nachbesserung bzw. Konkretisierung bedarf. So bestehen diverse Interpretationsspielräume, da Verantwortlichkeiten und Fragestellungen der tatsächlichen Umsetzung in Betriebsbereichen einer Kommune nicht eindeutig geklärt sind. Ebenso stellt das Gesetz hohe Anforderungen an eine technische Aufsicht. Diese ist für die Freigabe von Handlungsempfehlungen der automatisierten Fahrzeuge zuständig, wobei die tatsächliche Organisation dieser Aufsicht eine weitere Herausforderung darstellt. Beispielsweise würde eine (über)regionale Zentralisierung der technischen Aufsicht durch Standardisierung und Bündelung von Kompetenzen den „Rollout“ weiterer automatisierter Mobilitätsangebote vereinfachen und beschleunigen. Noch ist allerdings unklar, wer die Kosten und Leitung für eine solche Aufsicht tragen würde. Eine weitere Fragestellung, die mit dem Rechtsrahmen einhergeht, stellt die technische Ausstattung und die generelle Aufsicht der Verkehrsinfrastruktur in den Betriebsbereichen dar. Offen ist beispielsweise, wie mit baustellen- oder witterungsbedingten Veränderungen eines solchen Bereiches umzugehen ist.
Die „Autonome Fahrzeug-Genehmigungs- und Betriebsverordnung“ (AFGBV) geht zwar detaillierter auf die jeweiligen Ausprägungen des Gesetzes ein, jedoch sind auch hier offene Punkte, wie die Datensicherheit und Datenschutz, noch final zu beantworten. Für Kommunen bietet die Automatisierung des ÖPNVs die Chance, attraktive Alternativen zum privaten PKW anzubieten. Durch automatisierte Fahrzeuge besteht die Möglichkeit das ÖPNV-Angebot bedarfsgerecht auszubauen, die Verkehrs- und Emissionsbelastung zu reduzieren und zur Steigerung der Lebensqualität in urbanen Räumen beizutragen.
Die Vortragsunterlagen von Herrn Wuhrmann können Sie hier herunterladen.